Wer den Wind sät: Was westliche Politik im Orient anrichtet
Michael Lüders
Dieses kompakte Buch hat mir neue Perspektiven eröffnet. Eine kurze und kompakte Darstellung gibt Aufschluss wie es zu unserer derzeitigen weltweiten Situation gekommen ist.
Möglicherweise ungewöhnlich auf einer Seite, die sich mit Lebensfreude beschäftigt, und doch gehört es dazu. Denn nur wenn wir uns und unsere Welt verstehen werden wir nachhaltig glücklich sein…
Aufgewachsen in Zeiten der „beginnenden“ Unruhen im Nahen Osten, habe ich nie verstanden was sich da eigentlich abspielt. Woher kommt dieser IS? Was spielt sich in diesen Staaten ab und inwieweit hat es wirklich mit Religion zu tun?
Um eine echte Perspektive auf die Geschehnisse zu bekommen, findet man hier kurze und prägnante Hintergrundinformationen, vor allem auch für jene wie mich, die mitten hineingeboren wurden, doch die Vorgeschichte nicht erlebt haben. Noch mehr natürlich für die heutige Jugend – kurz jeder Mensch der sich heute oder in Zukunft eine fundierte Meinung bilden möchte – auch im Hinblick auf zukünftige Wahlen, also eigentlich für jeden aktuellen und zukünftigen Wahlberechtigten.
Man begreift die Rolle der „westlichen Länder“ völlig neu. Viele ahnen ja deren Motivationen und einige der Propagandamaßnahmen bzw. wie Medien gezielt Meinung machen.
Trotzdem findet hier mit Sicherheit jeder noch Informationen zu dem einen oder anderen der Konfliktherde und auch zu den neueren Entwicklungen der Terrororganisationen und der Machtverhältnisse in unserer Welt.
Es wird schwierig sein, eine weitere derartige Zusammenfassung zu finden, die so kompakt einen so komplexen und umfangreichen Sachverhalt erklärt und erläutert. Von Israel bis Indonesien wird einem hier vieles klarer.
In den Worten des Autors:
Ein chinesisches Sprichwort sagt: Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. Dieses Schlusswort plädiert für Windmühlen. Angefangen damit, die Welt nicht länger in „wir“ und „die“ zu unterteilen. Die großen Bruchlinien verlaufen nicht zwischen Staaten, Religionen oder Ideologien. Sondern dort, wo es um die Verteilung von Macht und Ressourcen geht. Einen „Kampf der Kulturen“ gibt es nicht. Wohl aber einen Kampf um die Fleischtöpfe. Die meisten Opfer radikaler Islamisten sind Muslime, nicht Europäer oder Amerikaner. Wir interessieren uns allerdings meist erst für die Opfer, wenn sie aussehen wie wir oder der Terror an unsere Türen klopft.
Die Deutschen sind Weltmeister der Erinnerungskultur, aber wie die meisten Europäer können sie sich nicht vorstellen, dass der Westen Unrecht begeht. Unrecht begehen die anderen: Die Russen, Chinesen, Muslime. Sie unterdrücken die Freiheit oder begehen Massen morde. Wir dagegen tun das nicht. Der Krieg in Vietnam oder der Putsch gegen Allende, der Putsch gegen Mossadegh oder der Krieg im Irak – welchen „Transatlantiker“ würden sie ernsthaft betrüben? […]
Werte gehören zur festen DNA westlicher Gesellschaften, dienen der Sinnstiftung, der Eigenlegitimation, auch der Selbstvergewisserung: Ja, wir sind die Guten. Und gerade weil diese Werte ein hohes Gut darstellen, dürfen sie in der politischen Praxis nicht zum Schlagwort verkommen. Als Deckmantel eigener Interessen, im Dienst einer vermeintlich höheren Moral. Wenn Menschenrechte vor allem dazu herhalten müssen, eigene Machtpolitik zu tarnen oder unliebsame Politiker anzugehen, etwa Putin oder Erdoğan, während sie ansonsten, etwa im Umgang mit Israel oder den USA, Stichwort Gaza oder Guantanamo, so gut wie keine Rolle spielen, werden sie zu Worthülsen, gerinnen sie zur Gesinnungsethik.
Fazit:
Pflichtlektüre für jeden mündigen Europäer (für Amerika habe ich leider nicht mehr viel Hoffnung). Alle derzeitigen und künftigen Wahlberechtigten, Diskutanten und Meinungsbildner. Kurz: Jeder gebildete Bürger sollte sich damit erfassen. Kurz und prägnant zusammengefasst.